Daten, die einmal im Umlauf sind ... - lassen sich nur schwer aus dem Gedächtnis tilgen. Falscher Name, falsches Geburtsdatum von Selma Merbaum kursierten lange und tun es zum Teil immer noch.
Die Dokumente, die Namen und Daten belegen, habe ich in meiner Biografie über Selma Merbaum dargelegt
Selma Merbaum. Ihre gesamte Schulzeit über wurde sie unter diesem Namen geführt.
Selmas Eltern trugen den Namen MERBAUM. Mit einem "e", wie Hochzeits- Geburts- und Sterbedokumente bezeugen.
Umso mehr freuen kleine Schritte: Selma Merbaum. Der so lange transportierte Doppelnamen der jungen Dichterin verschwindet allmählich. Selma erobert sich nach und nach ihren Namen zurück: Da legt ein Autor seinen Essay neu auf und tilgt den Beinamen "Eisinger". Ein Komponist vertont Gedichte zu "Selma Merbaum". Der Kompositionswettbewerb der Kunstuniversität Graz schreibt einen "Selma Merbaum Komposittionswettbewerb" aus. Selmas Gedicht "Den gelben Astern ein Lied" wurde vertont und junge Komponisten aus der ganzen Welt interpretieren das Lied vom 22. - 28. Februar 2018.
Sie blicken durch den Regen hell mich an,
so leicht, daß sie die Sonne mir ersetzen.
Und garnichts von des Regens Trauer kann
die leuchtend gelbe Freude mir verletzen.
Auflachend neigen sie sich in dem Grün,
das rein und frisch ihr Lachen mir begleitet –
ich leg ihnen mein Lied zu Füßen hin,
weil sie mir eine Freude heut‘ bereitet.
30.VI.941"
eine Biografie - wird immer wieder neu belebt: Grade erhielt ich einen bewegenden Brief von einem Holocaust-Überlebenden. Erst durch meine Biografie wurde er auf Selma Merbaum aufmerksam. Und erinnerte sich. Er verbrachte 1942 etliche Wochen mit Selma im selben Lager. Er wurde nicht östlich über den Fluss Bug in deutsche Zwangsarbeitslager verbracht. So überlebte er. Und konnte mir nun bewegendes Neues über Selma mitteilen.
ERSTE STIMMEN ZU MEINER SELMA BIOGRAFIE:
ARD Kulturkorrespondentin Maria Ossowski im SWR - LINK zur Sendung
"Dank Marion Tauschwitz' Buch wird Selma nun endgültig zu einem Teil der europäischen Kulturgeschichte. Tauschwitz hat leidenschaftlich und präzise recherchiert,... und es ist ihr unschätzbare Verdienst, eine der großen Dichterinnen dieses Jahrhunderts mit einer umfassenden Geschichte ihres kurzen Lebens gewürdigt zu haben."
Ramona Ambs auf haGalil: "Herausgekommen ist ein Buch, das Selma so nahe kommt, wie noch nie etwas anderes zuvor. ...Selmas Verse, die in Moll und in Dur, im packenden Furioso und im zarten Pianissimo, die biographischen Puzzlestücke begleiten und so auch immer wieder Selma selbst zu Wort kommen lassen, machen das Buch zu einem ganz besonderen Leseerlebnis."
"Marion Tauschwitz' atemlos zu lesende, erschütternde Biographie ist eine gleichermaßen dankbare Lektüre für alle interessierten Leser, die lediglich auf allgemeine Art und Weise an exemplarischen Lebenswegen der Schoah interessiert sind, wie auch für jene, die möglicherweise die einprägsamen Gedichte Selma Merbaums bereits kennengelernt haben und aus dieser literarischen Begegnung heraus den Wunsch verspüren, mehr über die begabte junge Frau zu erfahren, der von den Nationalsozialisten so überaus grausam jede Chance genommen wurde, ihr bemerkenwertes Talent zur vollen Blüte zu bringen. In der sorgfältigen Beschreibung ihres allzu kurzen, aber bereits erstaunlich entschiedenen Lebenswegs bleibt die emsige und mitfühlende Autorin stets auch dicht an Selmas eigenen Texten, die sie – ohne sie groß ausdeuten zu müssen – bei jeder passenden Gelegenheit namentlich zitiert, um das Lebensgefühl ihrer Protagonistin noch exakter und treuer wiedergeben zu können."
aviva online magazin über Selma!
"Tauschwitz lässt Selma durch ihre Gedichte sprechen, ordnet sie biografisch an die richtige Stelle und interpretiert sie in einer Sprache und Form, die sich vollständig auf Selma einlässt. Und so
gelingt es ihr, Selmas Persönlichkeit spürbar zu machen: ihre Sinnlichkeit und Melancholie, ihre Wachheit und ihren Mut, aber auch ihre Angst und ihre Sehnsüchte. Die Leserin kommt Selma so nah wie
nie zuvor, lebt Zeile für Zeile ihr Leben nach..."
http://www.vorwaerts.de/rezension/will-sterbenhttp://www.vorwaerts.de/rezension/will-sterben
"Marion Tauschwitz hat ein faszinierendes, erschütterndes und unbedingt lesenswertes Buch geschrieben"
Selmas Gedichte wurden neu transkribiert und werden nach ihrer handschriftlichen Vorgabe in der Biografie abgedruckt.
Neu transkribiert? - Ob das nötig sei, wurde ich gefragt? Aber ja! Aus in bisherigen Gedichtausgaben zu lesenden " tausend Schlittenglöckklingklang" wird nun wieder "Tausendschlittenglöckleinklang". So, wie es Selma im Original vorgegeben hatte.
Aus einem "verzehrenden Wort" ist wieder das "verzerrende Wort" geworden. Romantisch verklärt hätten es manche lieber. Doch Selma schrieb: Poesie.
SELMA MERBAUM
"Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein.
Ich will nicht sterben. Nein!
Das Leben ist rot.
Das Leben ist mein.
Mein und dein.
Mein."
aus: Poem
Selma war 17 Jahre alt, als sie diese Zeilen schrieb. Im Jahr darauf war sie tot: deportiert nach Transnistrien. Entkräftet, ausgezehrt, geschunden in einem deutschen Arbeitslager jenseits des Flusses Bug.
Ihre Gedichte haben wie durch ein Wunder überlebt.
Über ihr Leben wusste man bisher wenig.
Meine Biografie soll Selma ihre Identität zurückgeben, die man ihr zu rauben versuchte.
WIE ALLES ANFING...
Bei den Recherchen zu meiner Hilde Domin-Biografie stieß ich auf einen Brief von Domin an Heißenbüttel, der damals noch beim SDR arbeitete. Sie wollte, dass er
Gedichte der so jung verstorbenen Czernowitzerin verlegt. Suhrkamp hatte schon abgelehnt, Rundfunkredakteure zögerten deshalb auch. "Die Gedichte sind zum Weinen schön." Hilde Domin ließ nicht locker
und wandte sich an den STERN-Journalisten Jürgen Serke. Der schrieb daraufhin 1980 für das Magazin eine große Reportage über den abenteuerlichen Weg der Gedichte.
2011 setzte ich mich mit Jürgen Serke in Verbindung. "Oh, wollen Sie sich das wirklich antun? Da sind schon viele gescheitert. Es gibt nichts als das, was ich schon
geschrieben habe."
Es gibt viel Neues!
BILDERGALERIEN und Videos ZUR SPURENSUCHE IN DER UKRAINE
Der Weg zu Selma: durch die Transkarpaten.
Eindrucksvoll war die Entdeckung der alten Synagoge - eine Schreinerei ist in die Räume eingezogen! Durch das Meridian Poesie-Festival erhielten Besucher Zugang. Das Feuer, das vor acht Jahren in der Schreinerei ausbrach, ließ die Wände wie alte Wunden aufplatzen, unter denen sich Vergangenheit Bahn brach: in alten Wandmalereien.
Czernowitz-Chernivtsi
Der jüdische Friedhof
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